Heute ein Beitrag von Dr. Reinhard Winter, Leiter vom Sozialwissenschaftlichen Institut Tübingen (SOWIT) und Autor zahlreicher Publikationen.
Wie fühlt es sich an, männlich und gesund zu sein? Das Modell der „balancierten Männergesundheit“ will darauf Antworten geben. Es arbeitet mit verschiedenen Aspekten des Männerlebens, die einander bedingen, nützen und fördern: so z.B. die Aspekte „Leistung“ und „Entspannung“. Das Balance-Verständnis ist nicht statisch, sondern funktioniert mehr wie eine Wippe. Ziel ist es, eine Sensibilität dafür zu entwickeln, wann es wichtig wird, den jeweiligen Gegenspieler zu akzentuieren, zu stärken oder sie weiter zu entwickeln.
Wie kann das am Beispiel der Leistungs-Entspannungs-Balance aussehen? Leistung meint das produktive Nützen von Kräften und Energien, von Fähigkeiten und Fertigkeiten, das Ausnutzen der eigenen Leistungsfähigkeit. Die Lust am Leisten gehört genauso dazu, wie auch der Stolz auf Gelungenes. Leistung heißt, mit seinen Ideen oder Leidenschaften etwas zu Wege zu bringen, also nicht nur Erwerbsarbeit, sondern viel grundsätzlicher: das Produktivsein für sich selbst und für sein soziales Umfeld. Ungesund wird Leistung, wenn sie ausschließlich oder zu stark betont wird. Um längerfristig leistungsfähig zu sein oder zu werden (!) ist der Aspekt der Entspannung notwendig, also die Fähigkeit, sich zu erholen: im Einfach-so-Sein, Genießen, das Lösen muskulärer und mentaler Anspannungen. Diese Entspannung meint also nicht (nur) leistungsorientierte Erholung (z.B. im Sport), auch nicht konsumierendes „Ablaschen“ (Fernsehen, Chips, Bier). Entspannung entfaltet sich in der Kunst des Nichtstuns, spürbar darin, dass sie zu neuer Anstrengung motiviert und befähigt.
Die Leistungs-Entspannungs-Balance ist einfach zu verstehen: Gutes Leisten ist nicht schlecht, aber wer viel leistet, muss auch viel entspannen – sonst schadet die Leistung seiner Gesundheit. Wer sich nur entspannt, lebt auch nicht gesund, sondern schlafft ab – er braucht mehr Leistung fürs männliche Gleichgewicht!