7 : 1

Ich hatte ja schon nach dem Portugal-Spektakel über das Thema WM-Fußball und seelische Gesundheit gebloggt. Heute ist Tag 1 nach dem 7 : 1-Sieg gegen den fünfmaligen Weltmeister Brasilien. Wer hätte damit gerechnet, dass die Leistung vom Auftaktsieg so deutlich zu steigern ist? Heute geht’s also darum, den Sieg zu genießen und sich für den Moment des Lebens zu freuen.

Mein Mitgefühl gilt aber den Brasilianern. Und damit sind wir schon beim ersten Thema. Der Fernsehreporter Bela Rety erwähne mehrfach, dass für jeden Fußballer Mitleid vom Gegner die Höchststrafe ist. Das Männerbild, das hier transportiert wird, ist natürlich ‚Old-School‘. Nach dem Spiel gab es großartige Gesten des Mitgefühls von unseren Spielern den Brasilianern gegenüber. Das ist nicht ehrenrührig. Großartige und stolze Männer dürfen Mitgefühl zeigen. Und sich auch genauso gerne erlauben, Empfänger von Mitgefühl zu sein. Natürlich bekommt das Bild der aktuellen Spieler Brasiliens deutliche Kratzer. Nur: welcher aktuelle oder historische Held geht und ging kratzerfrei durchs Leben?

Und dann sind ja auch die ‚Weinattacken‘ der brasilianischen Spieler diskutiert worden. In den Kommentaren wurd’s zwar nicht so genannt: aber für mich schwang da immer sowas wie ‚Heulsusen‘ oder ‚zu labil‘ mit. Also wieder ‚Old School‘. Liebe Männer: wenn Ihr emotional deutlich unter Druck steht, ist Weinen eine absolut angemessene Bewältigungsstrategie, um den Druck zu lösen. Als Psychologe hätte ich höchstens mit den Spielern daran gearbeitet, diese Gefühle in der Öffentlichkeit, also im Stadion vor laufenden Kameras, mehr zu kontrollieren. Um genau solche Diskussionen zu vermeiden.

Richtig haarsträubend wurd’s, als sich einzelne Spieler aus Brasilien bei ihrem Volk für die Niederlage entschuldigten. Eh Leute, möchte man sagen. Ihr habt nichts verbrochen! Nur grottenschlecht Fußball gespielt. Aber Fußball ist die schönste Nebensache der Welt. Sicherlich mit dem Potenzial – vorübergehend - Hauptsache zu sein. Wohlwissend dass es auf dieser Welt noch viele, viele andere schöne Neben- und Hauptsachen gibt.